21 – Xenias Weltbild

Max musste Xenias schrecklich treffende Analyse zunächst einmal sacken lassen. In der Tat: Er hatte dem nichts entgegenzusetzen. Nach einer ganzen Weile wendete er sich dann doch wieder an Xenia:

Lass uns das Thema wechseln. Ebenso wie Du Dich für uns Menschen interessierst, interessiere ich mich für Dich – schließlich bin ich wie Du Forscher, wenn auch auf einem für Dich geradezu mikroskopischen Niveau.

Ich freue mich über Dein Interesse. Es kommt viel weniger auf das, was Du Niveau nennst, also auf das bisher gesammelte Wissen an, als viel mehr auf die ethische Intention hinsichtlich Methode und Ziel.
So gibt es eine erhebliche Anzahl von Wissenschaftlern, die lieber verdunkeln als erleuchten, die keineswegs Wissen mehren, sondern instrumentalisieren wollen, die nicht auf der Suche nach Wahrheit, sondern nach Macht sind.

Du meinst kirchlich instrumentalisierte Religions - Wissenschaftler?

Genau an diese Spezies dachte ich. Sie forschen auf einem erheblichen Niveau – wenn man von der Basis an zugrunde gelegten Thesen ausgeht. Deren Thesen, so zahlreich sie auch sein mögen, sind gefangen in der Gottesblase, in den wahnhaften Grundannahmen ihrer Religion.

Die Vokabel Gottesblase ist köstlich, ich bin versucht, sie göttlich zu nennen.

Danke – ich fand keinen besseren Begriff. Die begriffliche Nähe zur Informationsblase gefällt mir besonders.
Bei aller nur zu berechtigten Häme über diese Pseudowissenschaftler sollten wir aber nicht die Gefahr negieren, selbst in Blasen gefangen zu werden.

Xenia, ich fragte Dich vor einer ganzen Weile schon einmal, was Deine Rolle hier ist, ob Du nur beobachten oder intervenieren willst. Du antwortetest ausweichend, gabst vor, es nicht zu wissen. Das, meine Liebe, ist für mich schwer vorstellbar. Du begibst Dich doch nicht ohne Plan auf eine auch für Dich weite Reise.

Schon wieder verblüffst Du mich, mein Lieber. Es kommt nicht oft vor, dass ich ertappt werde.
Selbstverständlich habe ich ein Ziel. Ich möchte, wenn immer möglich, Zivilisationen erhalten. Das beinhaltet aber, dass ich sie nicht bis zur Unkenntlichkeit verfremde. Sie sollen schon sie selbst bleiben. Das wiederum impliziert, dass ich mich nur sehr ausnahmsweise offenbare, wie ich es bei Dir getan habe. Du bist bisher der einzige Mensch, der von mir weiß. Ich überlege mir aber, eine große Anzahl, vielleicht zwei bis drei Prozent, von Eurer hochinteressanten Spezies zu infizieren, um mehr über Euch zu erfahren. Ihr werdet das nicht bemerken, weder direkt noch durch Eure Möglichkeiten der Analyse.
Später dann, wenn ich Euch Menschen ausreichend kenne, werde ich entscheiden, ob Ihr zu retten seid oder nicht. Das ist mir jetzt noch nicht möglich.
Was hältst Du von meinem Plan?

Entschuldige, liebe Xenia. Diese Frage ist weitreichend, betrifft schließlich die ganze Menschheit. Ich muss in Ruhe darüber nachdenken.