Evolution der Intelligenz

Venusfliegenfalle

Unter Intelligenz soll hier die Fähigkeit der Verarbeitung von Eindrücken aus der Umwelt verstanden werden. Legt man diese sehr weit gefasste Definition zugrunde, wird man sogar unserem Keimling Intelligenz bescheinigen müssen: Schließlich reagiert er auf Licht und ändert sein Wachstum. Die Reaktionsmöglichkeiten von Pflanzen auf Umweltreize sind vielfältig und nicht nur auf Licht begrenzt, wie etwa das Beispiel der Venusfliegenfalle belegt.

Ob man in letzter Konsequenz von pflanzlicher Intelligenz sprechen kann, wird wissenschaftlich diskutiert. Diese Frage soll hier nicht weiter erörtert werden.


Intelligenz – exklusives Merkmal des Menschen?

Affenbild

Im engeren Sinne wird Intelligenz oft mit Bewusstsein in Verbindung gebracht und somit als ausschließlich menschlich verstanden.

Diese Sichtweise ist sicher falsch: Weder wird man Tieren Bewusstsein noch Intelligenz absprechen können. Sogar künstlerisches Talent wird Tieren nachgesagt. Die Werke des Orang-Utans Buschi im Osnabrücker Zoo mögen das belegen – oder auch nicht. Nach meiner Einschätzung stehen sie qualitativ gewissen menschlichen Machwerken in nichts nach.


Intelligenz als Produkt der Evolution

Wie dem auch sei: Unbestritten ist, dass der Grad der Intelligenz sich zwischen Pflanze, Tier und Mensch unterscheidet, unabhängig von der Erörterung, ab wann man überhaupt von Intelligenz sprechen kann. Unstrittig ist weiter, dass in dieser Hinsicht eine graduelle Entwicklung zu beobachten ist – wenn auch hinsichtlich der intellektuellen Überlegenheit des Menschen hin und wieder Zweifel aufkommen mögen.

Intelligenz hat sich also im Laufe von Jahrmillionen entwickelt – ähnlich, wie beim Auge schon dargestellt. Diese Entwicklung folgte wiederum dem Selektionsdruck. Einsichtsfähigkeit in Zusammenhänge der Umwelt bedeutet einen Auslesevorteil: Wer begreift, warum etwas gefährlich ist, wird auch den Grad der Gefahr besser abschätzen und mögliche Abwehrstrategien besser entwickeln können. Was für Gefahren gilt, kommt auch hinsichtlich positiver Umstände zur Geltung: Intelligenz lässt Chancen besser erkennen.

Somit hat das intelligentere Individuum bessere Überlebenschancen und wird sich folglich auch eher fortpflanzen und damit diese Anlage, eine höhere Intelligenz nämlich, per Vererbung weitergeben. Diese Tatsache wird von ernst zu nehmenden Wissenschaftlern auch nicht bestritten. Strittig und ideologisch heftig umkämpft ist, welchen Einfluss sonstige Faktoren, insbesondere das soziale Umfeld haben.

Wir sehen also: Intelligenz bringt Vorteile und deren Ausbildung und Fortschritt sind wie jedes biologisches Merkmal den Gesetzen der Evolution unterworfen. Wenn nun Intelligenz Auseinandersetzung mit der Umwelt bedeutet, so ist die Warum-Frage eine evolutionäre Notwendigkeit, denn diese Auseinandersetzung geht über das bloße Wahrnehmen der Umwelt hinaus, sie fragt nach Zusammenhängen, Begründungen, Erklärungen.

Optische Abbildungs-Qualität

Am Beispiel des Auges wird deutlich, dass die Qualität der Abbildung je nach Konstruktion des wahrnehmenden Organs variiert. Eine flächige Anordnung von einigen lichtempfindlichen Zellen kann nur hell/dunkel-Unterscheidungen wahrnehmen, während beispielsweise die Augen eines Falken zu unglaublichen optischen Leistungen fähig sind.

Täuschung

Diese Abbildungen werden durch die tatsächlichen Gegebenheiten hervorgerufen; die Wahr-nehmung muss aber keineswegs diese Tatsachen zutreffend empfinden. Ein Flachauge wird eine Reflexion von einer direkten Lichtquelle nicht unterscheiden können – ein Wirbeltierauge in den meisten Fällen sehr wohl. Auch das aber kann, so weit entwickelt es auch sein mag, getäuscht werden.

Abbildungen durch den Intellekt

Das Sinnesorgan Denken, der Intellekt also, hat wie das Sehorgan eine Entwicklung im Laufe der Evolution durchgemacht. Auch der Intellekt bildet mit seinen Warum-Fragen und den von ihm konstruierten Erklärungen dazu die Umwelt ab – und zwar in der ihm möglichen Qualität.

So liefert der Geist – je nach Entwicklung – grobe hell/dunkel-Unterscheidungen oder hoch differenzierte Weltbilder ab.

Filterung durch die Hardware

Farbspektrum

Die Informationen, die uns unsere Sinne vermitteln, sind durch die physikalischen Eigenschaften der Organe bestimmt.

So sind die verschiedenen Augentypen verschiedenen Ansprüchen angepasst. Das gilt beispielsweise nicht nur für die Abbildungsschärfe der Sehorgane, sondern auch für das Farbspektrum, das sie wahrnehmen. Das vom Menschen wahrnehmbare Spektrum wird in der Grafik gezeigt. So können nahezu alle Fische, Reptilien, die Ursäuger Australiens und Vögel Ultraviolett sehen; die Kurven in der Grafik wären bei ihnen also nach links verschoben. Sie haben dadurch Auslesevorteile, die für uns weniger relevant sind.

Software

René Descartes
i

Optische Bilder werden vom Auge ohne irgendeine Absicht geliefert, der Geist verarbeitet diese, wie alle anderen Sinneseindrücke auch, aber durchaus mit einem Ziel. Der Geist bewertet die Eindrücke etwa als angenehm / unangenehm / gleichgültig und ordnet sie in das bereits vorhandene Weltbild ein. Dieses Weltbild wird also durch neue Eindrücke nur schwerlich beeinflusst, denn es bildet ja die Grundlage der Bewertung des Neuen.

Um es anders zu formulieren: Der Mensch hat ein Bild von sich und der Welt. Dieses Bild bestimmt seine Optik, seine Interpretationen, seine Wertmaßstäbe. Hieraus folgt, dass seine Wahrnehmungen gefiltert wahrgenommen und dann möglichst passend gemacht / gedacht werden, um entsprechend eingeordnet werden zu können.

Das klingt sehr nach intellektueller Katastrophe, ist es auch – ist aber anderseits zunächst die einzige Möglichkeit, um überhaupt zu einem einigermaßen begreifbaren Weltbild zu kommen. Werden die auf das Individuum einwirkenden Sinneseindrücke nicht geordnet, wird nur Chaos wahrgenommen und zielgerichtete Konsequenzen sind nicht möglich.

Eng verwandt mit Fragen unserer Wahrnehmung ist das philosophische Problem des Ding an sich. Diesem habe ich einen eigenen Exkurs gewidmet.