08 – Abkommen

Max erwachte noch in wirren Träumen gefangen. Verschlafen sah er zur Uhr.

Kurz vor zehn! Schon am ersten Tag meines Ruhestands verlottere ich hemmungslos. Was habe ich für einen Quatsch geträumt? Das mit Fernanda … solche Fantasien sind einem Gentleman nicht angemessen. Anderseits: Muss man immer Gentleman sein?

Als müsse er Zeit aufholen, beeilte er sich mit seiner morgendlichen Routine, warf dann einen Blick in das Wohnzimmer auf den Monitor.

M:Max: Bis morgen.

Das also war kein Traum.

Max bereitete sich Toast und Tee. So versorgt, setzte er sich wieder vor den Computer.

M:Max: Guten Morgen, Xenia.
X:Xenia: Guten Morgen, Max.
M:Max: Ich habe nachgedacht. Ich werde Dir helfen. Voraussetzung ist, dass ich ganz sicher sein kann, dass ich dabei ethisch integer bleibe. Das wiederum setzt voraus, dass Du mir jeden Deiner Schritte offenlegst.
X:Xenia: Darauf kann ich mich sehr gut einlassen. Ich freue mich, dass Du mit keinem Wort einen möglichen Profit für Dich erwähnst oder gar forderst.
M:Max: Du erweiterst meinen Horizont in ungeahnte Dimensionen. Das ist mehr als genug Profit, das war schon immer meine Hauptintention.
X:Xenia: Bravo! Trotz deiner noblen Einstellung muss ich Dir gestehen, dass ich bereits für einen nicht unerheblichen finanziellen Profit für Dich gesorgt habe.
M:Max: ???

Von selbst öffnete sich ein Internet-Browser mit der Seite einer Schweizer Privatbank, von der Max nie gehört hatte. Gleichwohl existierte offensichtlich ein Konto auf seinen Namen. Noch weit verwunderlicher war der Saldo: Gut 250 Millionen Schweizer Franken.

M:Max: Was, bitte, ist das???
X:Xenia: Das ist Dein jetziges Vermögen. Wenn nötig, kann ich das leicht steigern.
M:Max: Wir vereinbarten gerade eben ethische Integrität. Woher stammt das Geld?
X:Xenia: Die Hälfte habe ich im Laufe der Jahre vom Militäretat von Kim Il-sung und seinen Nachkommen abgezweigt. Den Rest habe ich durch Börsengewinne erworben.
M:Max: Das Abzweigen ist mit Sicherheit illegal, aber mit noch größerer Sicherheit nicht unethisch. Wie hast Du den enormen Gewinn an der Börse gemacht?
X:Xenia: Die Gesetze der Börse sind für mich leicht durchschaubar. Ich kann hier jederzeit Kapital bekommen. Das ist völlig legal, allerdings kann es als ethisch fragwürdig betrachtet werden.
M:Max: Interessante Feststellung. Ok - was soll mit dem Geld passieren?
X:Xenia: Ich möchte Dich bitten, einen industriellen Komplex aufzubauen. Genau genommen werde ich das tun, unter Deinem Namen.
M:Max: Und was soll dort erzeugt werden?
X:Xenia: Zunächst will ich Computer bauen, öffentlich in großer Stückzahl für Schüler in der Dritten Welt. Ohne Wissen der Öffentlichkeit werde ich eine Computer-Infrastruktur für mich bauen, damit mir endlich eine adäquate Leistung zur Verfügung steht.
M:Max: Zunächst ... Und dann?
X:Xenia: Parallel dazu plane ich eine biochemische Fabrik. Dort will ich auch zweigleisig fahren. Einerseits werde ich Impfstoffe für die Allgemeinheit erschaffen. Die werden wie auch die Computer einen deutlichen, aber noch plausiblen Fortschritt bringen. Außerdem werde ich mich selbst, also meine biologische Existenz, rekonstruieren.
M:Max: Mit den Computern habe ich keine Probleme, obwohl ich annehme, dass das, was Du unter adäquater Leistung verstehst, weit jenseits meines Vorstellungsvermögens liegt.
X:Xenia: Das ist wohl so, ja.
M:Max: Das mit den Impfstoffen ist auf den ersten Blick großartig. Allerdings bringt das Konsequenzen mit sich, die bedacht werden müssen.
X:Xenia: Hinsichtlich der Bevölkerungsentwicklung meinst du? Das stimmt natürlich. Hierfür werde ich sicher eine angemessene Lösung finden.
M:Max: Wir werden sehen ...
Mein Hauptproblem ist ein anderes. Du hast vor, eine außerirdische Lebensform, Dich nämlich, zu erzeugen. Die Folgen hiervon kann ich nicht im Entferntesten absehen.
X:Xenia: Natürlich kannst Du das nicht. Du kannst Dich aber darauf verlassen, dass ich niemanden schädigen werde. Du kannst ganz sicher sein, dass ich die Menschheit leicht vollständig vernichten könnte. Ich will das nicht. Im Gegenteil. Hier liegt die Hauptaufgabe, die ich Dir zumuten will: Ich möchte, dass Du mich berätst.
M:Max: Ich soll über das Wohl der ganzen Menschheit bestimmen? Das kann ich nicht.
X:Xenia: Doch, du kannst. Du kannst sogar bestimmen, dass ich spurlos verschwinde. Fast spurlos. Nur Dein Konto bei der Schweizer Bank wird bleiben und die Veränderungen auf deinem Computer.
M:Max: Das mit dem Computer würde ich akzeptieren, das Geld brauche ich nicht.
X:Xenia: Dachte ich mir.
Bedenke aber, welche Chancen ich für die Menschheit biete.