Xenia hatte Max freie Wahl bei dem Wirkspektrum des zu entwickelnden Impfstoffs gegeben. Er entschied sich für ein Mittel gegen pathologische Corona-Viren. Ein Durchbruch hier wäre am wenigsten auffällig, war doch bekannt, dass in dieser Richtung an vielen Orten intensivst geforscht wurde.
Das Präparat war ein weiteres halbes Jahr nach Marktreife der Maxxx-Computer fertig, musste dann aber noch bürokratische Hürden überwinden. Wie auch bei den Rechnern waren die Leistungen unglaublich: Der Stoff wirkte gegen alle pathologischen Corona-Viren, also auch gegen deren Mutationen, auch künftige. Das war mit einer Schluckimpfung zu erreichen, und zwar lebenslang. Trotz aller Bedenken von Verschwörungstheoretikern stellte sich heraus, dass das neue Präparat zu 100 % wirksam war, bei Nebenwirkungen von 0 %.
Das Geschäftsprinzip wurde von dem der Computer übernommen. Das Medikament war gratis, Spenden waren möglich.
M: | Max: | Ich kann gar nicht sagen, wie beeindruckt ich bin, Xenia. Das Medikament stellt alles in den Schatten, was bisher denkbar war. |
X: | Xenia: | Das ist richtig. |
M: | Max: | Ich habe nicht vergessen, dass Du mir freie Wahl hinsichtlich des Wirkspektrums gegeben hast. Daraus schließe ich, dass Du jede Krankheit elimenieren kannst. |
X: | Xenia: | Nahezu, ja. Bei der menschlichen Dummheit habe ich Schwierigkeiten. Die Computer sind hierbei aber ein erster Ansatz. |
M: | Max: |
Manchmal wirken Deine schonungslos richtigen Statements regelrecht witzig. Die Ausrottung aller Krankheiten hat aber problematische Konsequenzen. Wir sprachen schon einmal darüber. |
X: | Xenia: | Du meinst die Senkung der Sterblichkeit und damit das Anwachsen der Bevölkerung. |
M: | Max: | Ganz genau. Ein Problem, das sich human kaum lösen lässt. |
X: | Xenia: | Ich habe dafür eine Strategie entwickelt und möchte Deine Meinung dazu. |
M: | Max: | Ich bin gespannt. |
X: | Xenia: | Wie Du weißt, entwickelt sich nicht jede Eizelle zum Fötus. Sehr viele Schwangerschaften enden natürlich im Abort, ohne, dass das der Mutter überhaupt bewusst wird. |
M: | Max: | Das ist auch gut so. Das betrifft ja häufig ohnehin nicht lebensfähige Embryonen. |
X: | Xenia: |
So ist es. Bereits in der präembryonalen Phase, also den ersten vier Wochen, ist dieser Mechanismus wirksam. Es ist möglich, dieses Prinzip zu steigern, also alle geschädigten Prä-Embryonen zu töten. Außerdem können Menschen mit bestimmten Erkrankungen, etwa Süchtige und andere Psychotiker, für die Dauer ihrer Probleme unfruchtbar gemacht werden. |
M: | Max: |
Das würde einen Aufschrei der Empörung nach sich ziehen. Mit Sicherheit würde diese Praxis in die Nähe der Euthanasieder Nazis gerückt werden. |
X: | Xenia: |
Das ist Unsinn. Es soll lediglich ein sinnvoller biologischer Mechanismus unterstützt werden. Mir ist aber die Wahrscheinlichkeit derartiger irrationaler Argumente bewusst. Ich kann das aber umgehen. |
M: | Max: | Wie soll das in einer Demokratie gehen? |
X: | Xenia: | Proteste kann es nur gegen bekannte Umstände geben. Ich habe ein Virus entwickelt, das genau wie beschrieben wirkt. Es würde eine kontrollierte Pandemie auslösen. Als Ursache für die geminderte Fähigkeit der Fortpflanzung wäre das Virus nicht identifizierbar. |
M: | Max: | Ich bin wieder einmal überfordert, liebe Xenia. Deine Vorschläge sind vernünftig, gehen aber sehr weit und tangieren vor allem das menschliche Selbstbestimmungsrecht. |
X: | Xenia: | Wir beide wissen, dass diese Selbstbestimmung von den allermeisten Menschen weit überschätzt wird, dass es durchaus diskussionswürdig ist, ob der Mensch überhaupt einen freien Willen hat. |
M: | Max: | Das ist richtig. Wir sind uns schon über die Definition des freien Willens uneinig. Viele Fachrichtungen, von Theologie über Philosophie, Medizin bis hin zu diversen Naturwissenschaften behandeln das Thema und es besteht noch nicht einmal innerhalb der einzelnen Sparten Konsens. |
X: | Xenia: | Du bist nicht gezwungen, Dich zu entscheiden. Wenn Du nicht zustimmst, werde ich weder weitere Impfstoffe noch designte Viren verbreiten. |
M: | Max: |
Oh doch, ich bin gezwungen. Falls ich mich hinsichtlich der Verbreitung nicht entscheiden will, entscheide ich mich gegen eine enorme Chance für die ganze Menschheit. Auch keine Entscheidung ist eine Entscheidung. Insofern hat Deine Behauptung, ich müsse mich nicht entscheiden, mindestens ein berühmt-berüchtigtes Xverdient. |
X: | Xenia: | Das ist richtig. Ich werde die 100.000 € umgehend überweisen. |
M: | Max: | Sei nicht albern. Ich muss über unser weiteres Vorgehen nachdenken. |
Die folgende Nacht hat Max nicht geschlafen. Er hatte keine Lösung des Dilemmas gefunden.
Egal, wie lange ich grübele. Ich werde keine Antwort finden. Wir sollten unser Vorhaben behutsam vorantreiben.
M: | Max: | Ich denke, die Impfung gegen Corona-Viren wird die Bevölkerungsstatistik nicht massiv ändern. Warten wir das ab. Nach und nach können wir weitere Medikamente auf den Markt bringen. Wir werden dann sehen, was passiert. Ich denke, der extreme Bildungsschub durch unsere Computer wird sich senkend auf das Bevölkerungswachstum auswirken. |
X: | Xenia: |
Senkend auf das Wachstum... Du spekulierst über die zweite Ableitung. Mutig. Deinen Plan halte ich für gut. Lass uns beizeiten überlegen, was wir als nächstes in Angriff nehmen. |