19 – Jogging an der Außenalster

Auch am folgenden Tag fühlte sich Max topfit. Er beschloss sogar, seine alte Gewohnheit wieder aufzunehmen und einen Lauf um die Außenalster zu wagen.

Lass es langsam angehen, alter Mann. Du bist immerhin inzwischen 61 Jahre alt.

Gemächlich trabte er los, ohne jeden Ehrgeiz, einfach die frische Herbstluft genießend. Er achtete nicht auf seine Zeit, reflektierte vielmehr sein Gespräch mit Xenia gestern.

Sie ist erstaunlich – unglaublich informiert, sachlich, klug und dabei … ja: menschlich. Sie wird uns Menschen schon eine ganze Weile studiert haben. – Wohl im Wesentlichen über das Internet und Fernsehsender. Das dürfte kein sehr schmeichelhaftes Bild ergeben. Ich bin froh, dass sie sich neben dem alltäglichen Müll auch mit Buddha und Epikur beschäftigt.

Quasi ohne es zu bemerken, hatte Max die gut 7 Kilometer um die Außenalster zurückgelegt. Er sah auf seine Pulsuhr.

40 Minuten. Das ist meine Bestzeit vor 5 Jahren. Puls 65. Unglaublich.

In diesem Moment zog eine Gruppe von jugendlichen Läufern mit HSV-Trikots mit raschem Tempo an ihm vorbei.

Ich habe Lust auf eine zweite Runde.

Max lief also weiter. Einer Schnapsidee folgend, hängte er sich an die HSV-Gruppe, setzte sich dann an deren Spitze. Vom Anführer, wohl dem Trainer, wurde er nach einer Weile angesprochen:

Moin, ich habe Dich hier noch nie gesehen, brachte er mit Mühe raus. In welchem Verein trainierst Du?Ach, ich bin in keinem Verein, erwiderte Max. Eigentlich trainiere ich gar nicht.

Blöder Spruch. Klingt angeberisch.

Um das Gespräch zu beenden, zog er sein Tempo deutlich an, ließ die Gruppe hinter sich. Nach dieser zweiten Runde sah er wieder auf seine Uhr.

20 Minuten, Puls 75. Das ist abartig. Ich werde Xenia dazu befragen.

Zu Hause angekommen, ging Max duschen. Nicht, dass es nötig gewesen wäre: Er hatte nicht merklich geschwitzt. Er wollte einfach seine Gedanken sammeln.

In seinem Wohnzimmer wartete Xenia schon auf ihn, zu Max' Erleichterung nicht mehr als Sexbombe, sondern als völlig durchschnittliche Frau.

Max schilderte seine Erlebnisse per Gedankenübertragung. Sehr rasch hatte er diese Art der Kommunikation zu schätzen gelernt. Sie war höchst effektiv, nicht zuletzt, weil keine Missverständnisse vorkamen.

Selbstverständlich konnten die anderen Läufer nicht mithalten. Ich sagte Dir doch, dass ich einiges in Deinem Körper optimiert habe. Ich kann das, wenn Du wirklich willst, jederzeit rückgängig machen. Deine Krebszellen kann ich allerdings nicht wieder implantieren. Die habe ich endgültig eliminiert.

Max' Irritation war mit einem Schlag geschwunden. Er lachte.

Wenn ich es nicht besser wüsste, würde ich meinen, Du bist eingeschnappt.

Eingeschnappt? Was ist das?

Das bedeutet, dass Du Dich falsch verstanden, nämlich unterbewertet fühlst. Ich glaube aber, dass das nicht so ist. Du gibst nur Fakten wieder. Das kann auf viele Menschen aber irritierend wirken.

Ich weiß, dass ich in der Einschätzung der menschlichen Psychologie Schwächen habe. Solche Schwächen scheinst Du allerdings auch zu haben.

Ja, ja. Ich weiß, dass ich mich blöd verhalten habe. Ich sollte meine Fähigkeiten besser verbergen.