Der evangelische Landesbischof Martin Sasse war mit seiner Bewunderung für den gottgesegneten Kampf des Führers mitnichten ein Einzelfall unter den Kirchenoberen. Die folgende Erklärung haben die evangelischen Landesbischöfe und Landeskirchenpräsidenten von Sachsen, Hessen-Nassau, Mecklenburg, Schleswig-Holstein, Anhalt, Thüringen und Lübeck am 17.12.1941 verbrochen:
Die nationalsozialistische deutsche Führung hat mit zahlreichen Dokumenten unwiderleglich bewiesen, daß dieser Krieg in seinen weltweiten Ausmaßen von den Juden angezettelt ist. Als Glieder der deutschen Volksgemeinschaft stehen die unterzeichnenden deutschen Evangelischen Landeskirchen und Kirchenleiter in der Front dieses historischen Abwehrkampfes, der unter anderem die Reichspolizeiverordnung über die Kennzeichnung der Juden als der geborenen Welt- und Reichsfeinde notwendig gemacht hat. Schon Dr. Martin Luther erhob nach bitteren Erfahrungen die Forderung, schärfste Maßnahmen gegen die Juden zu ergreifen und sie aus deutschen Landen auszuweisen. Von der Kreuzigung Christi bis zum heutigen Tage haben die Juden das Christentum bekämpft oder zur Erreichung ihrer eigennützigen Ziele missbraucht oder verfälscht. Durch die christliche Taufe wird an der rassischen Eigenart des Juden, seiner Volkszugehörigkeit und seinem biologischen Sein nichts geändert. Eine deutsche evangelische Kirche hat das religiöse Leben deutscher Volksgenossen zu pflegen und zu fördern. Rassejüdische Christen haben in ihr keinen Raum und kein Recht. Die unterzeichneten deutschen Evangelischen Kirchen und Kirchenleiter haben deshalb jegliche Gemeinschaft mit Judenchristen aufgehoben. Sie sind entschlossen, keinerlei Einflüsse jüdischen Geistes auf das deutsche religiöse und kirchliche Leben zu dulden.
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Zutreffend an diesem widerlichen Pamphlet ist, dass diese kirchlichen Verbrecher – sie ebneten hiermit den Weg zum Holocaust – in einer Reihe mit ihrem großen Vorbild Dr. Martin Luther stehen. Mehr noch: Antisemitismus zieht sich wie ein roter Faden durch die ganze christliche Kirchengeschichte. Diese christliche Tradition erklärt, warum so viele der deutschen Volksgemeinschaft bereitwillig Hitlers Rassenwahn gefolgt sind: Sie kannten den Hass auf die Juden von der Kanzel her – und zwar schon lange vor Hitler.
Man darf nun nicht meinen, nur protestantische Würden
träger hätten sich schuldig gemacht. Auch hochrangige Vertreter der katholischen Kirche paktierten mit den Nazis – sogar noch nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges. Beispielsweise ermöglichten sie führenden Vertreter des NS-Regimes und Angehörigen der SS die Flucht nach Südamerika, hauptsächlich nach Argentinien, aber auch in Länder der arabischen Welt. Siehe hierzu den Beitrag Rattenlinien
in Wikipedia. Die Bezeichnung ist treffend – sowohl für die Fliehenden wie auch für ihre ehrwürdigen
Helfer.
Die oben zitierten Verbrecher folgten mit ihrem Kniefall vor den Nazis nicht nur in Hinsicht auf den Antisemitismus christlicher Tradition. Die Kirche wusste schon immer, ihre Macht zu mehren, indem sie sich auf die Seite der politischen Machthaber stellte. Dabei kannte der Opportunismus keine Grenzen. Hitler war nicht der einzige Widerling, mit dem die Kirche paktierte. Egal, wie abscheulich das Regime: wenn es dem Machtkalkül der Kirche nutzt, ist die staatliche Gewalt göttlich. So steht es in der Heiligen
Schrift (Brief Paulus an die Römer):
Jeder leiste den Trägern der staatlichen Gewalt den schuldigen Gehorsam. Denn es gibt keine staatliche Gewalt, die nicht von Gott stammt; jede ist von Gott eingesetzt. Wer sich daher der staatlichen Gewalt widersetzt, stellt sich gegen die Ordnung Gottes, und wer sich ihm entgegenstellt, wird dem Gericht verfallen.
Es gibt auch Widerstandskämpfer
, die sich nach dem Krieg gern als solche feiern ließen, während der Nazi-Herrschaft aber ganz andere Töne anschlugen. Hier sei der damalige Bischof von Münster, Clemens August Graf von Galen genannt. 1936 tönte er:
[…] ich als deutscher Mann und Bischof […] danke dem Führer unseres Volkes für alles, was er für das Recht, die Freiheit und die Ehre des deutschen Volkes getan hat.
Er konkretisierte:
Der Führer, dem Gottes Vorsehung die Leitung unserer Politik und die Verantwortung für das Geschick unserer deutschen Heimat anvertraut hat, hat in mutigem Entschluss die Ketten zerrissen, in denen nach dem unglücklichen Ausgang des Krieges feindliche Mächte unser Volk dauernd gleichsam gefangen hielten.
Hitler als Bestandteil göttlicher Vorsehung, dessen Kampf gottgesegnet ist – hier besteht bemerkenswerte Einigkeit zwischen Bischöfen verschiedener Untervereine.
1938, ausgerechnet zur Zeit der November-Pogrome, hat Galen einen Fahneneid
auf Hitler autorisiert, der mit den Worten schloss:
Was Frost und Leid!
Mich brennt ein Eid.
Der glüht wie Feuerbrände
Durch Schwert und Herz und Hände.
Es ende drum, wie’s ende
– Deutschland, ich bin bereit!
1945 erschien er dann plötzlich und unerwartet
geläutert, kann sich hierbei allerdings eine Relativierung der Nazi-Ideologie nicht verkneifen:
Das Gift der nationalsozialistischen Irrlehre hat offenbar auch andere Völker angesteckt, selbst solche, die sich ihrer Demokratie zu rühmen pflegten.
So viel Prinzipientreue ist selbstverständlich zu honorieren. 1946 wurde dieser Nazi-Bischof zum Kardinal erhoben und 2005 seliggesprochen.
Es soll nicht verschwiegen werden, dass es auch heroischen Kampf von Christen gegen das Nazi-Regime gab. Exemplarisch sei Dietrich Bonhoeffer genannt. Sie konnten seinerzeit allerdings nicht wirklich viel ausrichten: Ihre Chefs und Kollegen stützten die Nazis nach Kräften.