Es lohnt, die Ursachen für das verbissen-zähe Festhalten an uralten und längst widerlegten Deutungen zu untersuchen. Gegen die selbstverständliche Tatsache der Evolution wurde schon zu Zeiten Darwins leidenschaftlich polemisiert, wie die Karikatur belegt.
Sehr treffend und absolut typisch skizzierte Darwins Zeitgenosse, Wilhelm Busch, das nicht selten anzutreffende Niveau dieser Auseinandersetzung in der Kritik des Herzens, 1874
Sie stritten sich beim Wein herum,
Was das nun wieder wäre;
Das mit dem Darwin wär gar zu dumm
Und wider die menschliche Ehre.
Sie tranken manchen Humpen aus,
Sie stolperten aus den Türen,
Sie grunzten vernehmlich und kamen zu Haus
Gekrochen auf allen vieren.
Freilich war es für Darwins Zeitgenossen schwer, dessen Erkenntnisse zu akzeptieren. Schließlich geht es um mehr als die Fähigkeit, sich wie ein Keimling nach Licht auszurichten: Es geht um viele andere Merkmale, die sich wie beschrieben herausbilden und dann schließlich zu derartigen Unterschieden führen, dass von verschiedenen Arten gesprochen werden muss. Darwin erkannte, dass sich alle Arten so entwickelt haben, also voneinander abstammen. Er skizzierte diese Idee in Form eines Stammbaums.
Dass der Mensch, die vermeintliche Krone der Schöpfung, Gottes Ebenbild, vom Affen abstammt, also tierischen Ursprungs ist, war für viele Zeitgenossen Darwins inakzeptabel. Sigmund Freud prägte hierfür den Begriff Kränkung der Menschheit.
Darwin war bereits der zweite Menschheitskränker. Sein Vorgänger waren Galilei und andere, die bewiesen, dass die Erde nicht Mittelpunkt des Weltalls ist. Er wusste allerdings noch nicht, dass die Erde nur ein blasser blauer Punkt ist.
Freud sieht sich als den Dritten dieser Reihe: Er entdeckte, dass ein Teil des eigenen Seelenlebens sich der Kenntnis und der Herrschaft des Willens entzieht, dass das Ich mithin nicht Herr in seinem eigenen Haus ist.
Das Bestreben dieses Textes nun mag als weitere Kränkung verstanden werden. Es geht immerhin darum, einen lieb gewordenen Größenwahn zu demontieren, nämlich die Vorstellung eines allmächtigen Gottes, dessen Ebenbild der Mensch ist und dessen Herzensanliegen es ist, sich um jeden Menschen einzeln zu kümmern.