Die Religion behauptet letzte unumstößliche Wahrheiten. Diese Behauptungen entziehen sich typischerweise jeder Nachprüfung. Naturwissenschaftliche Behauptungen sind dagegen bewusst so formuliert, dass sie bestätigt oder widerlegt werden können.
Ein typisches Beispiel für eine wissenschaftliche Aussage ist: Die Sonne bewegt sich um die Erde, das geozentrische Weltbild also.
Ein typisches Beispiel für eine religiöse Aussage ist: Gott existiert. Das ist weder beweisbar noch widerlegbar. Aus wissenschaftlicher Perspektive ist diese Aussage eine extrem unwahrscheinliche These, die weit mehr Fragen aufwirft als sie klärt.
Agnostiker – das sind, etwas lässig formuliert, Atheisten, die sich nicht trauen, sich zu ihrem Atheismus zu bekennen – pflegen gelegentlich zu unterstellen, dass aus der Unbeweisbarkeit der Existenz Gottes folgt, dass Gott ebenso wahrscheinlich existiert wie nicht existiert. Das ist Unsinn.
Um zu belegen, dass das Quatsch ist, erlaube ich mir einen kleinen Exkurs zu Russells Teekanne. Auf das Thema Gottesbeweise
werde ich später noch einmal ausführlicher zurückkommen.
Manchem mag die Formulierung letzter Wahrheiten
als Stärke gelten – und die ewigen Selbstzweifel der Naturwissenschaft als Schwäche. Das ist verständlich: Wer wollte nicht gern endgültig wissen, was Sache ist
? Dieser Wissensdrang ist dem Menschen im besonderen Maße eigentümlich. Als Naturwissenschaftler solchen End-Gültigkeiten abzuschwören, bewusst vorläufige Gültigkeiten, also Hypothesen zu formulieren, widerspricht auf ersten Blick diesem Drang. Diese End-Gültigkeiten nenne ich Hyperthesen
.
Der Mensch strebt nach Erkenntnis, nach Wahrheit. Aussagen, die als letztgültig gewähnt werden, favorisiert er dabei. So entstand Religion. Wenn aber nun diese religiösen Tatsachenbehauptungen nicht mit den Fakten übereinstimmen, ergibt sich ein Dilemma. Es wird dann offensichtlich, dass diese letzten Wahrheiten
keine sind, sondern schlicht falsch. Es zeigt sich dann, dass das vermeintliche Merkmal von Stärke, die Behauptung endgültigen Wissens, die Aufstellung von Dogmen also, tatsächlich von Schwäche zeugt. Die Naturwissenschaft mit ihren ewigen Selbstzweifeln ist gegen dieses Dilemma immun. Für sie ist der Irrtum keine Bedrohung, sondern Mittel der Erkenntnis. Ihre Freiheit von Dogmen ist ihre große Stärke.
Stephen Hawking merkte zum Thema an:
There is a fundamental difference between religion, which is based on authority, [and] science, which is based on observation and reason. Science will win, because it works.
Es gibt einen prinzipiellen Unterschied zwischen Religion, die auf Autorität basiert [und] Wissenschaft, die auf Beobachtung und Vernunft basiert. Wissenschaft wird siegen, weil sie funktioniert.
Voltaire stellte hierzu fest:
Le doute est un état mental désagréable, mais la certitude est ridicule.
Zweifel ist ein unangenehmer Geisteszustand, aber Gewissheit ist lächerlich.
Religiöse bringen gelegentlich folgenden Einwand vor: Die Wissenschaft kann auch nicht alle Fragen beantworten.
Das ist auch nicht der Sinn und Zweck der Wissenschaft. Die Wissenschaft ist nur ein Werkzeug, um für die Menschen zu allgemein gültigen Erkenntnissen zu gelangen.
Dabei unterliegt die Wissenschaft selber den Kriterien durch sorgfältiges Beobachten und Anwendung stimmiger Logik, dies zu garantieren.
Wissenschaft ist ein Werkzeug. Dieser Einwand macht genau so viel Sinn, als wenn man sagen würde: Dein Lineal hat aber noch nicht alle Kilometer gemessen."
Noch fataler als das Scheitern an äußeren Fakten sind für die Religion die inneren Widersprüche und die entsetzlichen Perversionen, die die frommen Denk- und Charakterfehler mit besonderem Nachdruck offenlegen.