Gedanken zum Islam

Diesen Text habe ich 2009 verfasst. Da er leider nichts von seiner Aktualität eingebüßt hat, binde ich ihn hier ein.

Koran
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Häufig werden die Gemeinsamkeiten verschiedener Religionen hervorgehoben – sicherlich zu Recht. Ohne Frage gibt es im Besonderen auch Parallelen zwischen Christentum und Islam. – Das lässt hoffen. Ein Umstand, auf den Hans Küng mit Nachdruck in seinem Projekt Weltethos hinweist. Ohne Religionsfrieden kein Weltfrieden., so Küng.

Diese Thesen sind äußerst eingängig – so eingängig, dass sie der besonders kritischen Nachprüfung bedürfen.

Zum einen ist mir jede Form von Synkretismus verdächtig. Küng ist ein kluger Mann, wird dieser Versuchung sicher nicht erliegen. Das ist jetzt nicht mein Thema. Ich möchte vielmehr Folgendes zu bedenken geben:

Nur allzu gern ist man in seinem Harmoniebedürfnis geneigt, aus Religionsfrieden auf Weltfrieden zu schließen – ein Fehlschluss, wie ich meine: Erstens ist Religionsfrieden meines Erachtens eine notwendige aber keine hinreichende Bedingung für Weltfrieden. Zweitens und vor allem ist genau zu untersuchen, was Religionsfrieden bedeutet. Sicherlich kann kein unkritischer Eia-popeia-Frieden gemeint sein, denn ein solcher wäre kaum von Dauer. So heißt es: Selig sind die Friedfertigen. aber keineswegs: Selig sind die Naiven. So wäre es ein fataler Fehler, jedem, der sich den Anschein von Religiosität gibt, seinerseits Friedfertigkeit zu unterstellen. Es gibt nicht wenige Gutmenschen, die immer wieder quasi reflexartig diesem Irrtum verfallen.

Trivial ist diesbezüglich die Tatsache, dass nicht jeder, der sich das Deckmäntelchen der Religiosität umhängt, subjektiv religiöse Motive hat. Es ist leider so: Wenn man die Absicht hat, andere Menschen zu willfährigen Sklaven zu machen, bar jeder natürlichen ethischen Selbstbestimmung, wenn man also Menschen entmenschlichen will, so war und ist die Religion hierzu ein ungemein effizientes Instrument.

Weit weniger trivial ist die Frage, mit welchem Recht sich Menschen immer wieder auf deren jeweilige Religion beziehen, wenn sie Gräueltaten initiieren oder begehen. (Hierbei soll jetzt die Frage nicht weiter untersucht werden, ob der Bezug zynisches Kalkül ist oder tatsächlich auf innerer Überzeugung beruht.) Ich frage mich also, ob es Religionen gibt, die Verbrechen recht-fertigen. Ich habe mich diesbezüglich mit dem Koran näher auseinandergesetzt. Ich wurde in einem Maße fündig, das mich tief erschreckte.

Einige Kostproben zum Thema Ungläubige:

2. Sure, Vers 191:
Und erschlagt sie, wo immer ihr auf sie stoßt, und vertreibt sie von dannen, wie sie euch vertrieben; denn Verführung ist schlimmer als Totschlag. Bekämpft sie jedoch nicht bei der heiligen Moschee, es sei denn, sie bekämpfen euch in ihr. Greifen sie jedoch an, dann schlagt sie tot. Also ist der Lohn der Ungläubigen.

8. Sure, Vers 55:
Siehe, schlimmer als das Vieh sind bei Allah die Ungläubigen, die nicht glauben.

47. Sure, Vers 4:
Und wenn ihr die Ungläubigen trefft, dann herunter mit dem Haupt, bis ihr ein Gemetzel unter ihnen angerichtet habt; dann schnüret die Bande …

Diese Zitate sprechen für sich, wie ich meine. Bezeichnend ist allein schon die Vokabel Ungläubige und nicht etwa Andersgläubige. Es gibt in der Logik des Koran offensichtlich nur einen Glauben, und der ist, so muss ich diese Koran-Stellen interpretieren, mit Mord und Totschlag gegen die ungläubigen Untermenschen zu verteidigen. Es ist eine schwache Rechtfertigung, wenn darauf hingewiesen wird, dass sich diese Textpassagen auf Krieg beziehen. Das macht sie nicht menschlicher.

Nun zu einem anderen islamischen Kriegsschauplatz: Offensichtlich ist auch die Frauenverachtung, die im Koran propagiert wird. Nur ein Beispiel:

4. Sure, Vers 34:
Die Männer sind den Weibern überlegen wegen dessen, was Allah den einen vor den anderen gegeben hat, und weil sie von ihrem Geld (für die Weiber) auslegen. Die rechtschaffenen Frauen sind gehorsam und sorgsam in der Abwesenheit (ihrer Gatten), wie Allah für sie sorgte. Diejenigen aber, für deren Widerspenstigkeit ihr fürchtet, warnet sie, verbannt sie in die Schlafgemächer und schlagt sie. Und so sie euch gehorchen, so suchet keinen Weg wider sie; siehe, Allah ist hoch und groß.

Ich weiß wohl: Es wird immer wieder behauptet, der Islam sei in Wirklichkeit friedfertig und predige einen respektvollen Umgang mit Frauen. Das, was praktiziert werde, sei eine Pervertierung der Religion, eine falsche Auslegung des Koran. Die oben zitierten Beispiele allerdings lassen anderes vermuten. Ich kann mir nicht vorstellen, dass es mittels glaubhafter exegetischer Klimmzüge möglich ist, aus diesen Koranstellen eine Religion abzuleiten, die meine Vorstellungen von Humanität auch nur ansatzweise erfüllt. Es gibt auch anderslautende Passagen im Koran – er ist in sich ähnlich widersprüchlich wie die Bibel auch. Gleichwohl: Derartige Aussagen wie die oben genannten sind so radikal, dass sie sich schwerlich relativieren lassen.

Freilich: Meine Vorstellungen von Humanität sind sicher nicht das Maß aller Dinge. Das sind auch nicht die Charta der Vereinten Nationen oder die Menschenrechte. Ich persönlich meine aber, dass es erlaubt sein muss, die Differenzen zwischen den aufgeführten Koranstellen und beispielsweise den Menschenrechten hinzuweisen. Wer vor diesen Unvereinbarkeiten die Augen verschließt, tut der Sache des Friedens, um auf das Ausgangsthema zurückzukommen, meines Erachtens keinen Gefallen. Ein Frieden, der auf Ignoranz aufbaut, scheint mir nicht dauerhaft zu sein, insbesondere dann nicht, wenn er Kräfte, die explizit gegen diesen ausgerichtet sind, blauäugig als synergistisch interpretiert.

An dieser Stelle ist mir eine Klarstellung wichtig: Ich will mich keineswegs auf das Niveau der genannten Stellen des Korans hinab begeben und Muslims als Untermenschen, schlimmer als das Vieh bezeichnen. (Wobei angemerkt sein soll, dass dem Viehzeug an dieser Stelle Unrecht getan wird: Tiere neigen nicht zur selbstzerstörerischen Perversion wie der Mensch.) Ohne jede Frage gibt es Muslims, die beispielhaft in ihrer Einstellung und auch in ihren Taten sind – und zwar beispielhaft im Sinne eines so dringend zu fordernden Weltethos. Es gibt aber auch – wiederum ohne jede Frage – andere, die beispielhaft im Sinne der genannten Koranstellen agieren, sei es im Großen, wie Saddam Hussein, der nach dem Motto herunter mit dem Haupt, bis er ein Gemetzel angerichtet hat oder im Kleinen, wie der türkische Familiendespot, der seine Frau verprügelt, weil er deren Widerspenstigkeit fürchtet.

Es stellt sich nun die Frage, wie um des Friedens willen mit denen zu verfahren ist, die sich beispielhaft im negativen Sinne verhalten. In der Bibel steht, man solle die andere Backe hinhalten. Was aber, wenn es sich nicht um die eigene Backe handelt, sondern um das Nasenbein einer türkischen Ehefrau? Was aber, wenn es sich nicht um einen Faustschlag handelt, sondern um einen grauenhaften Giftgasangriff auf Menschen, die das Verbrechen begangen haben, Kurden zu sein? Was aber endlich, wenn es sich um beispielhaft Kriminelle handelt, die sich um ein Vernichtungspotential globaler Relevanz bemühen oder gar über ein solches schon verfügen?

Ich meine, die Antworten auf diese Fragen sind alles andere als einfach.

Auf diesen Text schrieb mir eine junge türkische Patientin einen Brief, den ich hier aus Gründen der Diskretion nicht veröffentliche – wohl aber meine Antwort darauf.

siehe auch:

Exkurse

Islam-Leserbrief

Der Nagel - eine Parabel

Religionsfreiheit

Islamisten

Abrogation

Blasphemie

Khomeini

Taqiyya